Ideen für Reitpädagogik und Reittherapie: Themenreihe "Visuelle Wahrnehmung fördern"!

Visuelle Wahrnehmung in der Reittherapie und Reitpädagogik fördern: so helfen Pferde bei Wahrnehmungsstörungen.

Du willst, dass sich deine therapeutischen oder pädagogischen Angebote von anderen "Spaß-Angeboten" unterscheiden? Dann mach den Unterschied! Und zwar durch

  • die Qualität Deiner Angebote und
  • durch Dein Fachwissen.

Wir helfen Dir dabei!

In unserem Blog für Reitpädagogik und Reittherapie vermitteln wir Dir handfestes Wissen, geben Dir praktische Tipps und erweitern Deine Ideenkiste rund um Deine Einheiten mit Pferd und Kind. Außerdem zeigen wir Dir, wie du dein Fachwissen  in der Praxis umsetzen kannst. Denn mit Deinem Fachwissen kannst Du punkten - bei Eltern und Kindern. Und zwar mit Spaß für Dich, die Kinder und Deine Pferde.

Deswegen haben wir für Dich eine Blogreihe rund um die Förderung der visuellen Wahrnehmung im Pferdestall vorbereitet.

Was meint visuelle Wahrnehmung?

Stell Dir folgende Situation vor: Du bist im Pferdestall und willst Dein Pony putzen. Lass Deinen Blick über den Putzkasten wandern. Innerhalb von Sekunden identifiziert Dein Gehirn alle Gegenstände, die sich darin befinden: Striegel, Mähnenkamm, Kardätsche, Hufauskratzer usw. Dabei hilft Dir die visuelle Wahrnehmung. Denn durch sie können Deine Augen die Reize aus der Umgebung aufnehmen, die im Gehirn sofort mit Deinen bisherigen Erfahrungen und Deinem Wissen abgeglichen werden. So kannst Du schnell und die eigenen Ressourcen schonend, die täglichen Eindrücke wahrnehmen und einordnen, ohne von der Menge an Reizen überfordert zu werden. Genau das meint visuelle Wahrnehmung.

Wie ist visuelle Wahrnehmung definiert?

Unter visueller Wahrnehmung wird die Aufnahme von optischen Reizen aus der Umwelt über das Auge und die Verarbeitung der wichtigsten Informationen durch das Gehirn bezeichnet. Die Informationen werden nach ihrer individuellen Relevanz für den Menschen gefiltert und mit bereits bestehenden Erinnerungen verglichen.

 

Wenn von visueller Wahrnehmung gesprochen wird, ist damit nicht nur der rein physische Prozess des Sehens gemeint. Die visuelle Wahrnehmung ist viel mehr als das, denn auch die Bewertung durch die Psyche und die bisherigen Erfahrungen spielt bei diesem Prozess eine wichtige Rolle. Sie hilft dem Menschen im Alltag durch das Sehen wichtige Informationen über seine Umgebung, über Bewegungen und über die Identität und Stimmung von anderen Personen einzuordnen.

Wie und wo findet visuelle Wahrnehmung statt?

Achtung - jetzt wird es kurz sehr theoretisch. Mit dem Auge beginnt die die visuelle Wahrnehmung, indem reflektierte Lichtstrahlen durch die Linse auf die Netzhaut und damit auf die sich dort befindenden Fotorezeptoren (Zapfen und Stäbchen) treffen.

 

 

Von den Fotorezeptoren werden die Strahlen in elektrische Energie verwandelt.  Über den Sehnerv wird diese Energie räumlich und zeitlich geordnet und an die Sehrinde weitergeleitet. Sie befindet sich im menschlichen Gehirn im Occipitallappen. Der Occipitallappen ist im hinteren Bereich des menschlichen Gehirns angeordnet und in diverse Areale aufgeteilt, die jeweils unterschiedliche Aufgaben bei der Auswertung der verschiedenen Informationen übernehmen. Dazu gehören auch der Parietallappen und der Temporallappen Die verschiedenen Bereiche müssen miteinander „kommunizeren“ und zusammenarbeiten, um eine möglichst gute visuelle Wahrnehmung zu erreichen.

Märchen können perfekt in der Reitpädagogik und Reittherapie eingesetzt werden, um das Zahlenverständnis, die Graphomotorik sowie das Formen- und Farbenverständnis von Kindern zu schulen.

Wie finde ich heraus, ob ein Kind eine visuelle Wahrnehmungsstörung hat?

Es gibt differenzierte visuelle Wahrnehmungsfähigkeiten. Diese können mit standardisierten Tests überprüft und eingeordnet werden. Kinder mit visuellen Wahrnehmungsproblemen oder Problemen der visuo-motorischen Integration kann man so identifizieren und  eine Evaluation der Behandlung vornehmen. Hierfür ist zum Beispiel der FEW 3 (Frostigs Entwicklungstest der visuellen Wahrnehmung – 3) geeignet.

 

Welche Bereiche der visuellen Wahrnehmung gibt es?

Es existieren mehrere Bereiche der visuellen Wahrnehmung. Vorranging kann man die visuelle Wahrnehmung in zwei große Bereiche unterteilen:

  1. räumlich-konstruktive Leistungen
  2. visuell-kognitive Fähigkeiten.

Und diese wiederum werden in zwei weitere Indexe eingeteilt:

  • In den Index der Motorik reduzierten visuellen Wahrnehmung
  • In den Index der visuo-motorischen Integration

Zum Index der Motorik reduzierten visuellen Wahrnehmung gehören die Bereiche Figur-Grund-Wahrnehmung, Gestalt schließen, Formkonstanz und räumliche Orientierung. Zum Index der visuo-motorischen Integration gehören die Auge-Hand-Koordination und das Abzeichnen.

Von der Theorie in die Praxis der Reitpädagogik und Reittherapie!

Puuuh. Das war ganz schön viel Theorie rund um die visuelle Wahrnehmung. Fragt sich nun: Wie setzt Du dieses Fachwissen in Deinen reitpädagogischen und reittherapeutischen Angeboten um?

Schauen wir uns die einzelnen Themenbereiche dezidiert an! 

 

Wir starten in diesem Blogbeitrag mit der Motorik reduzierten visuellen Wahrnehmung. Du findest zu den einzelnen Bereichen jeweils eine Definition, Beispiele im Pferdealltag und natürlich konkrete Ideen für eine Förderung mit Pferd. Für die anderen Bereiche und das Themenfeld visuo-motorische Integration musst Du Dich noch ein wenig gedulden - damit beschäftigen wir uns in den nächsten Beiträgen.

 

Die Motorik reduzierte visuelle Wahrnehmung mit Pferd fördern!

Figur-Grund-Wahrnehmung

"Figur-Grund-Wahrnehmung" ist die Fähigkeit, Gegenstände oder Formen auf einem anders strukturierten Untergrund identifizieren zu können oder Details aus einem Bild herausfiltern zu können.

Beispiele aus dem Pferdealltag: Auf dem Deckenhalter mit vielen verschiedenen Pferdedecken, muss die richtige Regendecke „gesehen“ werden oder aus dem Schrank mit Pflegemitteln muss das Fliegenspray visuell herausgefiltert werden.

 

Möglichkeiten zur gezielten Förderung der Figur-Grund-Wahrnehmung in der Reittherapie:

1. Bilddetektiv:

Du zeigst dem Kind ein Bild von einem Gegenstand, einem Gesicht, einem Tier oder einem Gebäude und hältst viele ähnliche Bilder mit ähnlichen Gegenständen oder auch anderen Gegenständen bereit. Das Kind führt das Pferd durch einen Parcours und hat „sein“ Bild in der Hand. Dann kommt das Kind samt Pferd an einem visuell abgegrenzten Ort an, an dem die ganzen anderen Bilder liegen. Zum Beispiel könntest du die anderen Bilder in einen Hula-Hoop-Reifen legen. Dann muss das Kind „sein“ Bild aus der Masse der anderen Bilder finden und darf beispielsweise die beiden gleich aussehenden Bilder mit Wäscheklammern an der Pferdemähne befestigen.

2. Putz-Begeistert:

Du hast vorher den Inhalt Deines Putzkastens, z.B.  Striegel, Kardätschen, Hufauskratzer, Mähnenbürsten, etc. fotografiert und ordentlich einlaminiert. Das Kind darf ein Foto eines Putzgegenstands ziehen und genau diesen Gegenstand suchen. Mit diesem Gegenstand darf das Kind dann beginnen, das Pferd zu putzen. Du kannst die Karten auch mit Bildseite nach hinten auf einer vertikalen Schnur an einer Seite des Reitplatzes aufhängen. Das Kind führt zunächst das Pferd dorthin und nimmt sich eine Karte von der Schnur weg. Im Anschluss daran führt das Kind das Pferd wieder (am besten durch einen vorgegebenen Parcours) zurück und darf dort den Gegenstand suchen und loslegen mit dem Putzen.

 

Gestalt schließen mit Pferd fördern!

Gestaltschließen erfasst die Fähigkeit, die Gestalt einer Figur zu erkennen, wenn sie nur unvollständig abgebildet ist. Hier gilt es, bekannte Objekte auch dann als solche zu erkennen, wenn sie nur teilweise, bruchstückhaft oder gekürzt dargestellt werden. Dies ist vor allem beim Erlesen von Buchstaben wichtig, aber auch beim Erkennen von Alltagsobjekten, die nur teilweise oder bruchstückhaft zu sehen sind.

Beispiel aus dem Pferdealltag: Es raschelt im Heu oder Stroh. Du siehst gerade noch ein Tier weghuschen, das einen langen Schwanz und graues Fell hat. Du wirst sofort wissen, dass das eine Maus und nicht ein Rebhuhn war.

 

Möglichkeiten zur gezielten Förderung des Gestaltschließens in der Reittherapie:

1. Puzzle-Parcours:

Du hast zwei gleiche vergrößerte Fotos, z.B. in DIN A 3 von einem Deiner Therapiepferde oder von Deinem Stall vorbereitet. Beide sind ordentlich einlaminiert. Das eine Foto ist ganz, das andere ist in diverse „Puzzleteile“ zerschnitten. Das Kind soll das vollständige Bild vorher nicht sehen. Das Kind darf das Pferd durch einen Parcours führen und sich ein Puzzleteil holen. In der nächsten Runde soll das Kind ein Puzzleteilen holen, welches es genau an das bereits geholte anbauen kann. Zum Transportieren können die Puzzleteile an die Mähne geklammert werden. Zwischendurch kannst du immer wieder fragen, welches Bild sich wohl aus den einzelnen Teilen ergeben könnte. Zum Schluss darf das Kind seine zusammengepuzzelten Teile mit dem ganzen Foto vergleichen.

 

 

2. Striegel-Versteck

Du legst verschiedenste Pferdeutensilien auf den Reitplatz und bedeckst diese nur teilweise mit einer Decke oder einem Handtuch. Achte darauf, dass von jedem Gegenstand ein Teil zu sehen ist. Verwenden kannst Du z.B. Führstrick, Halfter, Zügel, Satteldecke, Striegel, Kardätsche, Gamasche oder Mähnenspray. Das Kind bekommt den Auftrag von Dir, einen bestimmten Gegenstand zu holen - z.B. die Satteldecke. Nun führt das Kind das Pferd am besten wieder durch einen Parcours und soll zielgerichtet den einen Gegenstand, den Du vorher genannt hast, unter der Decke bzw. dem Handtuch hervorziehen.

Und hier geht es zu den weiteren Blogbeiträgen:


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